Welch ein unerwarteter Erfolg, dieser „Tag des offenen Denkmals“!

Dieses Jahr schafften wir es dank der Hartnäckigkeit einzelner Macher, unser Logenhaus zur Teilnahme am „Tag des Denkmals“ in Flensburg anzumelden. Die Bewerbung ging ohne Komplikationen bei der Stiftung Deutsche Denkmalpflege durch und schon waren wir Teil der bundesweit größten Veranstaltung dieser Art!

Es ging also an die Vorbereitungen: wir brauchten einen Text, an dem wir uns orientieren konnten, denn schnell war klar, dass Besucher sich über eine Führung freuen würden. Bruder Gert machte sich an die Arbeit und stellte die Geschichte des Hauses zusammen, so dass wir uns einlesen konnten und als Gästeführer „Geschichte(n) erzählen konnten“. Danke, lieber Bruder Gert, ich denke, eine Führung mit unseren Brüdern würde ganz neue Facetten und lustige Anekdötchen unseres Hauses aufdecken und Neugierde auf mehr wecken! Als kleinen Appetitanreger füge ich ein paar Häppchen an den Artikel an.

Damit aber nicht genug, denn so wie der angekündigte Besuch von Schwiegereltern Panik verursacht, so weckte auch die Erwartung von fremden Gästen die Erkenntnis, dass geputzt werden muss. Und opferten wenige Brüder, Schwestern und sogar ein externer Interessierter (!) ihren Samstag und machten „Klar-Schiff“. Danke Euch dafür, denn schon am frühen Sonntag wurde deutlich: die Arbeit hat sich gelohnt!

Bereits gegen Mittag hatten wir schon mehr als 80 Besucher und sind schlussendlich laut Andreas auf ca. 120 Besucher gekommen. Eine stolze Zahl, wie wir finden, denn schließlich liegen wir weder auf einer zentralen Hauptverkehrsachse noch denkt man im Allgemeinen beim Begriff „Denkmal“ intuitiv an unsere Villa W8.

Im Eingangsbereich, draußen in der Sonne, stand unser Begrüßungskomitee, bestehend aus Helge und Andreas, unser Türsteher-Duo, die die Gäste sortierten und in Gruppen einließen, freundlich und kompetent. Am Vormittag waren Lars, Helge, Andreas, Gert und kurzzeitig auch Hans-Peter Martens anwesend. Andreas unterstützte Melitta und Gert aufgrund der hohen Nachfrage bereits am Vormittag ebenfalls als Gästeführer.

Die Gäste waren neugierig auf eine Villa, an der sie schon seit Jahren vorbeigingen, aber nie einen Blick   hineinwerfen konnte. Außerdem hat die Nachbarschaft bemerkt, dass relativ regelmäßig „Men in Black“ in diese Villa strömen, das macht neugierig. Am Nachmittag verstärkte Bruder Friedrich das Team und lieferte sich ein langes und anregendes Wortgefecht mit einem evangelischen Religionslehrer… oh Schreck.. Andreas hat noch einen besonders interessanten Gast getroffen aus Husum, der dort die alte Bürgermeister-Villa besitzt und im nächsten Jahr selbst am Tag des offenen Denkmals teilnehmen möchte. Und so dachte er, er schaut schon mal vorbei, um zu sehen, wie das denn so funktioniert. Wunderbar!

Für das leibliche Wohl der Gäste wurde gesorgt und mit kleinen Spenden belohnt. Das Aufräumen war fix erledigt, getreu nach dem Motto „Viele Hände, schnelles Ende!“

Insgesamt ein runder und unerwartet erfolgreicher Tag, so dass wir zu dem einhelligen Fazit kamen: das machen wir wieder! Der Aufwand hält sich in Grenzen und sowohl für den Verein Zur Humanität als auch -und ganz besonders!- für unsere Loge war dies eine extrem effektive Werbeveranstaltung: Die Masse der Fragen und der überwiegende Teil der Zeit rankte sich um das Thema Freimaurerei! Wir konnten erklären, aufklären, Missverständnisse ausräumen und Interesse wecken. Umso erfreulicher wäre es gewesen, wenn sich auch einige Brüder mehr an diesem Tag für ein paar Minuten in unser (!) Logenhaus verirrt hätten.

In Anbetracht der kurzen Vorbereitungszeit und der mangelnden Presse (leider war trotz Hinweis in der shz keine Info) sind alle Beteiligten außerordentlich zufrieden, die Resonanz war super und die Gespräche vielfältig – das Lob tat gut.

Weitere Eindrücke können Euch sicherlich die beteiligten Brüder beisteuern.

Ich danke Euch allen und verbleibe mit herzlichen brüderlichen Grüßen,

Euer Bruder Thomas

Westerallee 8, 24937 Flensburg

 

Eine Führung durch das Haus der Humanitären Freimaurerei (von Gert Kotter)

Herzlich willkommen im Haus der Humanitären Freimaurerei Flensburg!

Allgemeine Einführung (Eingangsbereich)

Das Haus, in dem wir heute stehen, spiegelt ein Stück Flensburger Wirtschaftsgeschichte wider. Es wurde 1923 als Wohnhaus der Familie des Flensburger Kaufmanns und Reeders Hermann Molzen, Mitinhaber der Reederei Holm und Molzen, errichtet. Es ist eines der letzten, möglicherweise sogar das letzte der großen Flenburger Kaufmannsvillen. Betrachtet man die Größe des Gebäudes im Hinblick auf die ursprünglich vorgesehene Nutzung durch eine Familie – mit Garagen, Chauffeurswohnung und Dachgeschossausbau für Dienstpersonal fast 700 qm Wohn- und Nutzfläche– so sind dies aus heutiger Sicht völlig unvorstellbare Dimensionen.

1923 – bei Baubeginn – hatte durch die Einführung der Rentenmark die Hyperinflation in Deutschland ein Ende gefunden. Die Menschen hatten Mut gefasst, die Geschäfte liefen wieder – so gut, dass man das Wagnis eine solchen Baus wohl eingehen konnte. Es folgten die „goldenen Jahre“ – ein Zwischenhoch vor der Großen Wirtschaftskrise. 1929 kamen – mit dem Crash – Handel und Wirtschaft in Flensburg praktisch zum Erliegen. Die Flensburger Werft hatte zuletzt statt ursprünglich 3000 Beschäftigen nur noch etwa 30. Die Förde war gefüllt mit Schiffen, die auf Reede lagen. Die Reederei Holm und Molzen, die kurz zuvor noch ein neues Schiff übernommen hatte, ging Konkurs. In den Grundbüchern  nahmen die eingetragenen Summen stetig zu. 1931 kam es auf Druck der Hausbank zum Verkauf. Hermann Molzen befand sich – nach Aktenlage – zu diesem Zeitpunkt „auf Reisen“. Jedenfalls ist seine Unterschrift in Norwegen konsularisch beglaubigt. Erwerber war der wohlhabende Öl- und Farbenfabrikant H.D. Hansen – älteren Flensburgern noch wohlbekannt durch sein noch bis in die 60er Jahre hinein betriebenes Geschäft für Farben, Tapeten und Teppiche in der Norderstraße.

Nach 1945 kam es zu Einquartierungen, z.T auch durch die Besatzungsmächte. Dafür wurde das Haus zeitweise in mehrere Wohnungen unterteilt, während sich im EG die Kontor- und Gesellschaftsräume von H.D. Hansen befanden.

1953 heiratete dessen Tochter Ellen den Gutsbesitzer Karl August Weller (seit 1971 Weller von Ahlefeldt) aus Olpenitz und brachte das Haus – und vieles andere – als Mitgift mit in die Ehe.

2009 ging das Haus dann in den Besitz des Frauenarztes Gert Kotter über und diente bis 2019 als Praxis. Seit 2020 ist es zur Heimat für die humanitäre Freimaurerloge „Leuchte im Norden“ geworden und den mit ihr eng verbundenen gemeinnützigen Verein „Zur Humanität“. Die Übertragung auf eine freimaurerische Stiftung befindet sich in Vorbereitung. Dazu später.

 

(Flur)

Stilistisch steht das Haus ein wenig zwischen den Zeiten. So sind die Gesellschaftsräume des EG geprägt durch Elemente des Historismus / Gründerzeit und ein bisschen Jugendstil (Stuck, Türgriffe, Kachelöfen), während sich im (heute nicht zugänglichen) 1. OG bereits Bauhauszitate finden lassen. (Türen, Türgriffe, kein Stuck) Das gesamte Haus befindet sich innen und außen unter Denkmalschutz. Die historischen Möbel waren bei Kauf bereits vorhanden.

Im EG befinden sich auf der rechten Gebäudeseite in L – Form die als Flucht miteinander verbundenen Gesellschaftsräume mit Speisesaal, Herrenzimmer, Damenzimmer, Wintergarten und – ursprünglich im Anschluss an das Damenzimmer – ein weiterer Raum, wie wir später sehen werden.

Auf der linken Seite befinden sich WC, Küche und Anrichtezimmer.

Treppenaufgang zum 1. OG

Fensterbilder, die auf den Erbauer des Hauses hinweisen. Motive Hafenwirtschaft / Kaufmannschaft: Boje, Schauermann, Lagerei (Verhüttung?, Kaufmann mit Schreiber, Merkur, Fortuna)

Wir gehen durch die Küche über das Anrichtezimmer in den Speisesaal.

Die in der Küche vorbereiteten Speisen gelangte über das Anrichtezimmer (heute befindet sich dort ein kleines WC) und über eine Durchreiche in das Speisezimmer.

(Im Speisezimmer mit Blick auf den Garten)

Dieses Haus hatte in der ursprünglichen Planung 3 Teile: 1. Das Haupthaus, 2. Das Kutscherhaus mit Garagen, Chauffeurswohnung (heute mit Anbau aus den 50ern) sowie 3. einen großen Gartenpavillon, dessen Bau an dem feuchten Grund scheiterte.

Schade für die heutige Denkmalpflege, ein Glück für die armen Menschen, die dies hier alles erhalten müssen.

Das liegt daran, dass dieses Areal auf einer Moorlinse liegt und damals so feucht war, dass sich Enten im Bereich des hinteren Gartens recht wohlfühlten. Im Laufe der Jahrzehnte freilich senkten sich der Grundwasserspiegel und auch das Areal insgesamt. Denn dieses Gebäude steht auf einer Moorlinse, die von der Westerallee bis zum Moordamm, einer Nebenstraße der Heinrich Schuldt Straße reicht. Die im Laufe der Jahrzehnte immer weitere Absenkung des Grundwassers, führte – wie wir nachher im Untergeschoss sehen werden – zu erheblichen Sanierungsnotwendigkeiten.

Wir gehen weiter

Bitte beachten Sie die Fensterbilder im Speisezimmer. Zeittypische orientalisierende Bildersprache. Aus heutiger Sicht sicherlich in mancher Hinsicht politisch inkorrekt. (Mohr, Eberkopf etc). Besonders angetan hat es mir die Dame im Charleston Kostüm, die entweder leicht gelangweilt oder auch schon ein wenig berauscht, ganz rechts zu sehen ist. Zwar ist das Glas in ihrer Hand rot, in meiner Vorstellung – ich denke dabei an Absinth – könnte es aber eher grün sein.

 

Wir gehen ins Herrenzimmer

Nach der Speise zogen sich die Herren ins Herrenzimmer zu einer Zigarre zurück und die Damen in das Damenzimmer, in das wir gleich kommen. Hier waren früher die Wände mit Jagdtrophäen übersät – nicht alle zur rechten gesetzlichen Zeit erlegt – und im Schrank unter dem Fenster rechts befanden sich große Vorräte von Rauchwaren aus den 40er und 50er Jahren. Es gibt Bilder aus dieser Zeit, die wir hier gefunden haben. Beleibte Herren mit Brillantine im Haar und dicken Zigarren.

Man beachte die originalen Kachelöfen und Kamine im Esszimmer Herrenzimmer und im Damenzimmer, in das wir jetzt gehen wollen.

 

Wir gehen in das Damenzimmer.

Hinweis auf die Jugendstilelemente an den Kachelöfen und Kamin.

Neben dem Damenzimmer befindet sich ein weiteres Zimmer, das über eine Glastür mit dem Herren- und Damenzimmer verbunden war. Diese Tür versteckt sich heute hinter einer Vorbauwand, ist aber zum Glück noch unversehrt vorhanden.

Im Anschluss an das Damenzimmer – zur Straßenseite heraus – befindet sich ein Wintergarten. Dieser ist nach eingehenden und mit dem Denkmalschutz abgestimmten Maßnahmen heute so gut isoliert, dass er für Wohnzwecke voll nutzbar ist. 2009 – im ersten Jahr der Praxisnutzung – haben die Patientinnen in diesem Wartezimmer ziemlich gefroren.

 

Fragen bis hierher?

Lassen Sie uns nun in die Logenräume im UG gehen.

 

Wir gehen in das UG, Vorraum zum Tempel

Der Fußboden, auf dem wir hier stehen, ist der einzige, der im UG nicht komplett saniert werden musste. Dadurch, dass der Grundwasserspiegel massiv gesunken ist, sind nach und nach die Kellerböden eingestürzt. Zur Sanierung war es notwendig, alle bis auf 2 m Tiefe auszuschachten, den Torf zu entfernen, mit Sand wieder aufzufüllen  und die Betonböden komplett neu aufzubauen.

Wir befinden uns hier im Vorraum zum Freimaurertempel. An der Wand sehen Sie die Meister vom Stuhl dieser Loge aus den Anfängen bis heute. Man beachte das letzte Bild…

 

Wir gehen in den (profanisierten) Tempel

Dies ist der Tempel, der Raum, in dem die Freimaurer arbeiten.

(Erläuterungen, Werkmaurerei zur symbolischen Maurerei, Woran arbeiten die Maurer, welches sind ihre Werkzeuge, Tempel der Humanität etc. Gestalt des Tempels mit Sternenhimmel etc.; Unterschiede und Geschichte humanitärer FM zur vaterländisch christlichen Maurerei, evtl. Verhältnis zur femininen Freimaurerei? …)

Fragen?

 

Wir gehen als letztes in das Herrenzimmer

Klassisches Herrenzimmer, so, wie es in vielen Villen in dieser Gegend vorhanden war. Westerallee 12 sind z.B. noch „gotische Gewölbe“ zu sehen.

Aufwendige Vertäfelungen, seltenes Tropenholz, früher Billiardtisch, Klavier, Personalklingel und Kachelofen.

Heute Böden eingesackt, Sanierung angezeigt. Loch im Boden, in dem Torf noch sichtbar.

Bildergeschichte Weinlese, Weinherstellung, Klosterkeller, Piet Henningsen, wohlsituiert – wohlbeleibter Herr, kokette Dame, Knutschen auf der Parkbank. Weiter auf trunkenem Weg, Oluv Samson Gang?, Etablissement mit füßelnder Dame.

Am nächste Morgen zuhause: schwerer Kopf, Kater und Gardinenpredigt von der Ehefrau.

Ende der Führung

 

Hinweis auf Kaffee und Gebäck. Spendenbox

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